Tipp vom Ernährungscoach: Bitter „is better“
Die Geschmacksrichtungen, die wir mit unserer Zunge erschmecken, sind süß, sauer, salzig, scharf, umami (fleischig, würzig oder wohlschmeckend) – und bitter. Letzteres wird am häufigsten ausgeschlossen, wenn es um die Frage nach einem wohlschmeckenden Essen geht. Da wird am ehesten Süßes in allen Kombinationen eingesetzt, obwohl inzwischen als Allgemeinwissen gelten kann, dass die derzeit übliche (und versteckte) tägliche Aufnahme von Zucker über unser Essen alles andere als gesundheitszuträglich ist.
Dabei spielen Bitterstoffe in der menschlichen Ernährung eine sehr wichtige, wenn heutzutage auch unterschätzte Rolle. Sie stehen zum einen für die Warnung vor einem gefährlichen Nahrungsmittel, da enthaltene Giftstoffe häufig mit einem bitteren Geschmack einhergehen. Allerdings ernähren wir uns ja nicht mehr wie unsere Urahnen, die sich vor unbekannten Pflanzenarten durch vorsichtiges Ausprobieren schützen mussten.
Viel wichtiger sind Bitterstoffe als Nahrungsbestandteil durch ihre positive Wirkung auf die Verdauung. Sie regen unter anderem die Gallenflüssigkeit an, die dem Aufschluss von Nahrungsfetten dient. Zudem fördern Bitterstoffe durch das freigesetzte Hormon Gastrin die Magen- und Darmbewegungen, was Verstopfung, Blähungen und Völlegefühl vorbeugen kann. Und es befinden sich in der Darmschleimhaut mehr als 80 Prozent des körpereigenen Immunsystems. Geht es also dem Verdauungstrakt gut, profitieren die Abwehrkräfte. Gerade jetzt in der Corona-Pandemie wichtig, um gesund zu bleiben.
Bitter ist Genuss
Doch neben den gesundheitsfördernden Aspekten ist natürlich auch der Genussfaktor nicht zu vergessen. Bitterstoffe in unseren Nutzpflanzen beinhalten keine gesundheitsschädlichen Wirkstoffe. Sie werden dennoch durch neue Züchtungen reduziert, wodurch sie langsam das noch von Wildpflanzen herrührende markante Zusammenspiel von bitteren und süßlichen Geschmacksnoten verlieren. Deshalb kommen Löwenzahnblätter aus Kulturzüchtungen beim Verbraucher besser an als solche aus freier Wildbahn, weil jene deutlich „gefälliger“ sind.
Gemüsesorten von Artischocken bis zu wildem Spargel zählen nicht zufällig zu den interessantesten Zutaten der feinen Küche. Und Salate wie Chicorée, Radicchio, Endivien oder Löwenzahn, auch in Kombination mit anderen, milderen Blattsorten – oder aber noch verstärkt durch die Zugabe von Grapefruitfilets –, wirken einfach herrlich erfrischend.
Auch der Einsatz von Bitterkräutern wie Schafgarbe, Hopfen, Bitterklee oder Wermutkraut bereichert die Aromenvielfalt, je nach Dosierung, in den Gerichten beträchtlich. Wer überhaupt keinen geschmacklichen Zugang zu Speisen mit Bitteraroma findet, dem kann vielleicht wenigstens ein Bitter-Aperitif die willkommene Unterstützung des Verdauungssystems liefern. Wenn auch nur als kleine Ausrede …